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Ausstellung

Die Ausstellung nutzt die von Josef Hoffmann konzipierte Symmetrie des Pavillons. Man betritt den nun geschlossenen Durchgang, wird in den Hof des Pavillons geleitet und geht von dort weiter in die beiden symmetrisch angeordneten Ausstellungsteile. Auf der einen Seite des Pavillons erfährt man das System Wien, auf der anderen Seite das System Rom. Das Lernen aus beiden Städten und Systemen wird im Hof des Pavillons verhandelt, wo eine Plattform zum Diskutieren und gegenseitigen Austausch einlädt, der „Space of negotiation“.

Beide Pavillon-Teile beginnen mit Filmen, die jeweils „mythische“ Geschichten der Städte und deren Umgang mit Wohnen, Bodenpolitik und Stadtraum erzählen. Die beiden großen Ausstellungsräume zeigen verschiedene Themen in Wien und Rom, die sich auf die Geschichte, konkrete Orte, Organisationsformen, Initiativen und Räume beziehen.

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Österreich-Pavillon, Agency for Better Living, Installationsansichten

Foto: Hertha Hurnaus

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WIEN

Das System Wien wird anhand von neun Stationen aufgearbeitet: Fotografien zeigen Stadt- und Gemeinschaftsräume in ihrem alltäglichen Gebrauch, begleitet von Filmausschnitten aus verschiedenen Jahrzehnten. Infografik und Diagramme verdeutlichen Fakten wie etwa die vergleichsweise niedrige Miete in Wien oder die Strukturen bestimmter Gebäude mit spezifischen Raumprogrammen. Aktuelle Entwicklungen werden über neue Quartiere vermittelt, etwa das Sonnwendviertel, das Nordbahnhofareal und die Wilde Mitte sowie die Per Albin-Hansson-Siedlung, als ein Beispiel für den Umgang mit dem Bestand. 

Dazu kommen Themen aus der Geschichte der Stadt, die das außergewöhnliche Wohnen stark beeinflusst haben, beispielsweise experimentelle Wohnformen wie das Einküchenhaus aus den 1920er Jahren, das seit 1998 etablierte umfassende Gender Planning oder einzelne Pionierprojekte wie etwa die Sargfabrik als Beispiel für ein selbst organisiertes, experimentelles Wohnprojekt, welches Vorbildwirkung für den Wiener Wohnbau insgesamt hatte.

Eine raumgroße Karte an einer Seitenwand verdeutlich die starke Präsenz leistbaren Wohnens im gesamten Stadtraum von Wien. In der Mitte des Raums befindet sich ein Sitz- und Liegemöbel, „Megastructure on the Couch“, das ausgehend von einer Fotografie eines Spielraums im Wohnpark Alt-Erlaa, einem identitätsstiftenden Wiener Großwohnprojekt der 1970er-Jahre, eine Grundfrage des Wohnens neu interpretiert.

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Installationsansichten Wien

Foto: Hertha Hurnaus

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ROM

Rom zeigt Zeugnisse des Kampfes um das Leben in, die Anpassung an und die Transformation der Ruinen der Gegenwart – sowohl an verlassenen Orten als auch in gescheiterten Planungen. Die moderne Geschichte der Stadt wird aus dieser Perspektive betrachtet und in einer Arbeit zusammengefasst, die ebendiesen Überlebenskampf in der skulpturalen Form einer „Trajanssäule“ erzählt. Sieben zeitgenössische Beispiele zeigen unterschiedliche Formen der Selbstorganisation und des zivilgesellschaftlichen Widerstandes, die verschiedene Formen des innovativen Zusammenlebens hervorgebracht haben. Diese Erfahrungen werden im Pavillon als kollektive Erzählung dargestellt ‒ aufgebaut mit und dank der vielen Menschen, welche die Welt der Selbstorganisation beleben, gestalten, erträumen, bewohnen und teilen und die täglich für ein BETTER LIVING kämpfen.
Eine Querwand wird von einem raumgroßen Bild eines Naturraums eingenommen. Der Lago Bullicante ist ein Beispiel für die Ko-Evolution einer Nachbarschaftsgemeinschaft und eines spontanen Renaturierungsprozesses einer ehemaligen Viskosefabrik. Der Versuch, dort 1992 illegal ein Einkaufszentrum zu errichten, führte zum Bruch der Grundwasserschicht und zur Entstehung eines natürlichen Sees. Der Einsatz der lokalen Gemeinschaft zum Schutz dieses Ortes vor Spekulation führte letztlich dazu, dass dieser einzigartige Naturraum den Status eines Naturdenkmals erhielt. Ararat wiederum ist die informelle Botschaft der staatenlosen kurdischen Gemeinschaft und seit 25 Jahren ein Ort der Zusammenarbeit von sozialen Bewegungen, Geflüchteten und Künstler:innen, wo jedes Jahr das eindrucksvolle Newroz-Fest stattfindet.
 
Spin Time, ein ehemaliges Bürogebäude des öffentlichen Dienstes, Porto Fluviale, eine frühere Militärkaserne, Metropoliz, eine ehemalige Fleischfabrik, die ehemalige Polizeistation in Quarticciolo und 4 Stelle, ein nie fertiggestelltes Hotel, wurden von Wohnrechts-Bewegungen besetzt. Nach einem Jahrzehnt kollektiven Bewohnens haben sich in diesen Orten komplexe soziale und räumliche Strukturen herausgebildet. Hier ist das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen sowie die Mischung aus Wohn-, Sozial- und Kulturfunktionen höchst innovativ. In Spin Time, der einzigen noch bestehenden Besetzung im Stadtzentrum mit einer Fläche von 21.000 Quadratmetern, leben rund 150 Familien aus 27 Ländern zusammen: Es gibt ein Theater, ein Museum, Nachmittagsbetreuung für Kinder, Kunstwerkstätten, soziale und medizinische Anlaufstellen, einen Friseursalon und ein Restaurant.
 
Analog zum Raum Wien füllt auch hier eine raumgroße Karte von Rom die zweite Querwand. Die Karte und die „Wiederverwendung“ eines Modells des Corviale (Wohnkomplex der 1970er-Jahre) als Archiv der Orte – beide erstellt vom Kollektiv Stalker (Rom) in Zusammenarbeit mit IURmap und Scomodo – zeigen die Lage und Geschichte von 100 Ruinen. Diese wurden entweder renaturiert, im Zuge von Wohnungsnot besetzt oder für soziale und kulturelle Zwecke genutzt – oder sie stehen noch immer verlassen da und warten auf eine mögliche Nutzung.
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Installationsansichten Rom

Foto: Hertha Hurnaus

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INSTALLATION IM HOF

Place of Negotiation

Das Plateau im Hof lädt Besucher:innen zum Ausruhen und Diskutieren ein. Rund um eine offene Mitte sollen die Agenden für ein BETTER LIVING verhandelt werden. Die Form interpretiert einen 1954 von Josef Hoffmann geplanten, Nieren-förmigen Pool, für einige Jahre an dieser Stelle Teil des Skulpturengartens. Der Pool wird aus losen zueinander gestellten Ziegeln rekonstruiert, jenem Material, aus dem Wien und Rom gebaut wurden. Die Ziegel, die in der Nähe von Venedig hergestellt wurden, werden nach Ende der Biennale wieder dem Kreislauf der Wohnbauproduktion übergeben.

In das Plateau sind Pflanzen eingelassen. Es sind Klimagewinner, die der prognostizierten Hitze in Wien und Rom Widerstand leisten können. Die Fläche des Plateaus entspricht mit 25m2 einer Wohneinheit im Einküchenhaus und Clusterwohnen in Wien sowie einer ehemaligen Büroeinheit in Santa Croce/Spin Time in Rom. Sie entsprechen auch einem klimagerechten Wohnraumbedarf pro Person, sofern es zusätzlichen Raum für commons gibt.

ARMIN LINKE

Positionspapiere, Orte der Planung und Selbstorganisation
Fotoserie, 2024 / 2025

Im Hof des Pavillons ist im überdachten Bereich eine Arbeit des Künstlers Armin Linke (I, D) installiert. Der fotografische Essay entstand als teilnehmende fotografische Beobachtung während einer Feldforschung in Wien und Rom (Dezember 2024 – Februar 2025). Zu sehen sind Fotografien von Räumen der Verhandlung, des Teambuilding, der Planung, Verwaltung und Selbstorganisation. Das Projekt erforscht die komplizierte Dynamik von Rechts- und Wirtschaftsingenieurwesen, Rechtsentwicklung, Gemeinschaftsbildung, Interessensaustausch und sozialer Verflechtung.

In Wien wurden etwa das Büro der Stadträtin für Wohnbau fotografiert, die Räume der Wohnbauförderung und -forschung, jene des wohnfonds_wien, aber auch jene von Pionierprojekten wie der Sargfabrik oder des Neunerhauses. In Rom fotografierte Armin Linke sowohl die Prozesse als auch die im Pavillon dargestellten Orte, aber auch das Stadtplanungsamt und die Baustelle von Porto Fluviale, wo die Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und den Wohnrechtsbewegungen zunehmend Realität wird.

Die Fotografien sind auf Tafeln montiert, die an die Tafeln erinnern, die bei Demonstrationen verwendet wurden, wie z.B. bei den zahlreichen Demonstrationen im Kampf für bezahlbaren Wohnraum in Rom.

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Installationsansicht – Hof

Foto: Hertha Hurnaus

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Armin Linke "Positionspapiere, Orte der Planung und Selbstorganisation", Installationsansicht – Hof

Foto: Hertha Hurnaus

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Armin Linke "Positionspapiere, Orte der Planung und Selbstorganisation", Installationsansicht – Hof

Foto: Hertha Hurnaus

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Armin Linke "Positionspapiere, Orte der Planung und Selbstorganisation", Installationsansicht – Hof

Foto: Hertha Hurnaus